Positive Fehlerkultur: Was Fehler mit Resilienz zu tun haben
Warum uns Fehler und eine gesunde Fehlerkultur erfolgreich machen
Team alfatraining.com | 01. August 2025
Wenn wir Fehler machen, dann ärgern wir uns. Wir reagieren mit Wut, Selbstkritik oder Zweifeln und werfen uns Sätze vor wie „immer passiert mir so etwas“. Doch stell dir einmal eine Welt ohne Fehler vor.
Dir mag die Welt nicht verändert vorkommen? Weit gefehlt.
Denn nicht einmal die Glühbirne hätte es bis zur nutzbaren Entwicklung geschafft. Bestimmt kennst du Thomas Edisons Zitat: „Ich bin nicht gescheitert – ich habe 10.000 Wege entdeckt, die nicht funktioniert haben.“ (1) Stell dir einmal vor, Edison hätte sich durch sein Scheitern und seine falschen Entscheidungen von seinem Weg abbringen lassen. Würden uns Fehler lähmen, dann gäbe es keinerlei Entwicklung, keine Verbesserung und keinen Fortschritt mehr. Übrig bliebe nur noch der Stillstand.
Übertragen auf den beruflichen Alltag hieße das, dass du als Mitarbeiter:in nur noch still und leise im Büro sitzen würdest. Du würdest entweder gar nicht mehr arbeiten oder nur das Nötigste erledigen. Schließlich könnten hinter jeder Abweichung Fehler lauern. Innovation, Wachstum und kreative Lösungen hätten keinerlei Platz mehr. Eine Welt ohne Fehler wäre also ziemlich eintönig.
Und auch gar nicht möglich. Und das ist auch gut so. Nicht umsonst enthalten Fehler das Anagramm „Helfer“. Sie helfen uns zu wachsen, uns zu verbessern und neue kreative Wege zu gehen.
Fehler und Resilienz in der Fehlerkultur
Was sind Fehler?
Sprechen wir von Fehlern, dann handelt es sich dabei um Situationen, die anders verlaufen sind, als wir es erwartet haben. Durch die Abweichung von unserer Vorstellung bewerten wir das Geschehene als misslungen oder falsch. Für Hans-Jürgen Kratz, Autor des Führungskräfte-Ratgebers Aus Fehlern wird man gut, handelt es sich um einen Fehler, „wenn es zu Abweichungen des Ist-Zustands (Arbeitsergebnis) vom Soll-Zustand (Arbeitsaufgabe bzw. erwartetes Ereignis) kommt oder eine Abweichung von einem erwarteten Ergebnis erkennbar wird.“ (2) Demnach setzen Fehler eine vorherige Zielsetzung voraus. Bewusst oder unbewusst haben wir den optimalen Ausgang einer Situation oder das Ergebnis einer Aufgabe bereits vor der Inangriffnahme im Kopf.
Abweichungen vom Ziel
Bei Fehlern handelt es sich um Rückschläge auf dem Weg zu unserem Ziel. Damit haftet ihnen das Wesen eines Problems, einer Störung und des Scheiterns an. Dementsprechend ist die gängige Meinung, dass es sie schlichtweg zu vermeiden gilt. Doch als Menschen können wir gar nicht ohne sie, denn „Menschen sind fehlerhafte, fehlbare und fehleranfällige Wesen und somit keinesfalls unfehlbar.“ (3) Wenn Missgeschicke jedoch menschlich sind, wieso haben dann so viel Angst davor, einen Fehler zu machen? Vor allem im Berufsalltag ist es ein regelrechts Tabuthema, etwas Falsches zu tun. Deshalb werden Probleme oft verschwiegen oder von sich gewiesen, bis sie schließlich jemandem auf die Füße fallen. Niemand will sich gerne etwas zuschulden kommen lassen. Und hierin steckt bereits ein entscheidender Punkt: Fehler geben uns das Gefühl, sich an uns zu heften, einzuengen und zu stigmatisieren. Daher ist es nur verständlich, dass es innere Widerstände ins uns hervorruft, wenn wir etwas Falsches machen.
Fehlerkultur im Alltag: Wie gehst du mit Fehlern um?
Ist es dir auch schon passiert, dass du einen Fehler im Berufsalltag gemacht hast? Wie gehst du damit um? Korrigierst du deinen Fehler unauffällig oder sprichst du ihn in deinem Team an? Denn wer über Fehler schweigt, macht gleich den nächsten. Nur durch eine offene Kommunikation über Fehler kann eine konstruktive Fehlerkultur entstehen und eine Verbesserung erzielt werden. Auch kleine Unachtsamkeiten, die sich unbemerkt berichtigen lassen, sollten hinterfragt werden. Denn wo ein Fehler auftaucht, passieren meist noch weitere. Dabei kann eine produktive Meetingkultur helfen oder auch die Einführung von konstruktiven Feedbackgesprächen, um Schwierigkeiten und Probleme im Team anzusprechen.
Mithilfe der eigenen Resilienz zu den Fehlerursachen
Im Umgang mit Fehlern ist die Suche nach den Ursachen ein wichtiger Faktor. Dabei hilft die eigene Resilienz, diesem Prozess positiv und offen gegenüberzustehen. Denn die eigene psychische Widerstandsfähigkeit gibt uns die Stärke, unangenehme Umstände zu meistern oder aus persönlichen und beruflichen Krisen herauszufinden. (4) Sabine Horn und Martina Seth definieren in ihrem Werk Resilient im Job drei Grundhaltungen der Resilienz. Demnach setzt sie sich aus Optimismus, Akzeptanz und Lösungsorientierung zusammen. (5) Resiliente Menschen sind in der Lage, Fehler anzunehmen, offen zu kommunizieren und daraus neue Lösungswege zu entwickeln. Diese Fähigkeiten sind in der heutigen Arbeitswelt ein wesentlicher Erfolgsfaktor, wie Sabine Horn und Martina Seth auch betonen. „Menschen brauchen mehr denn je die Fähigkeit, Widersprüche auszuhalten, Rückschläge wegzustecken und dem hohen Arbeitstempo standzuhalten.“ (6)
Destruktive vs. konstruktive Fehlerkultur
Im persönlichen Umfeld, wie auch im Unternehmen kann auf unterschiedliche Art und Weise mit Fehlern umgegangen werden. Hierbei unterscheidet man eine destruktive von einer konstruktiven Fehlerkultur. Dabei definiert die Fehlerkultur den „Umgang und die Reaktion auf Fehler, wodurch es zu einem möglichst fehlerfreien Ablauf von Arbeitsprozessen kommen soll.“ (7)
Fehler, das Übel des Menschen, oder:
Die destruktive Fehlerkultur
Gelten Fehler als negative Vorfälle, Probleme und Störfaktoren, die Stress in dir als Mitarbeiter:in erzeugen und deren offene Kommunikation Angst vor negativen Konsequenzen auslöst, dann handelt es sich in deinem Unternehmen um eine destruktive Fehlerkultur. Denn Fehler als lästiges Übel zu betrachten und eine Null-Fehler-Forderung zu verlangen, geht meist nach hinten los: Unter Druck passieren die meisten Dinge, die es doch eigentlich unter allen Umständen zu vermeiden galt. (8) In einer destruktiven Fehlerkultur wird dann nach einem Sündenbock gesucht, der die Schuld trägt und den man letztendlich zur Rechenschaft ziehen kann. Dabei heißt es: Erfolge liegen auf den Schultern vieler, doch Fehler macht nur einer.
Lernen aus den Dingen, die passieren, oder:
Die konstruktive Fehlerkultur
Eine konstruktive Fehlerkultur sorgt für ein positives und motivierendes Arbeitsumfeld. Wer offen mit Fehlern umgehen darf, traut sich, neue Wege zu gehen, Verantwortung zu übernehmen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen. „Eine positive Betrachtungsweise innerhalb einer Fehlerkultur sieht Fehler nicht nur als Irrtum oder als misslungene Interaktion an, sondern als Chance zum Lernen und zur Weiterentwicklung eines Systems.“ (9) Anstatt also einen Schuldigen zu verfolgen und zu fragen, wer dafür verantwortlich ist, liegt hier das Augenmerk viel mehr auf der Frage, wie es zu dem Fehler kommen konnte und was man daraus lernen kann. Geht man auf die Suche nach der Fehlerursache, dann lassen sich kleine Stolpersteine bereits frühzeitig aus dem Weg räumen, ohne dass sich daraus weitreichende Probleme oder Krisen entwickeln. So könnten kleine Fehler ihre Ursache darin haben, dass die Arbeitsbelastung zu hoch ist, Störungen im Büro zu Problemen führen oder auch ein fehlerhaftes Selbst- und Zeitmanagement besteht. (10)
Die Gefahr der Nachlässigkeit
Ein kleiner und scheinbar harmloser Fehler kann im besten Fall verhindern, dass es beim nächsten Mal zu größeren, folgenschwereren Problemen kommt. Werden solche Fehler jedoch nicht reflektiert, sondern einfach hingenommen, wächst die Gefahr der Nachlässigkeit. Nach und nach schleichen sich weitere Ungenauigkeiten ein und verschleiern die Sicht auf die eigentliche Ursache. Das ist vergleichbar mit einem Haus, dessen Dach mehr und mehr marode wird. Wer erst dann beginnt, über Probleme und Ursachen nachzudenken, wenn der Regen bereits im Haus und der Schaden entstanden ist, der handelt zu spät. Demnach ist eine positive Fehlerkultur vergleichbar mit einem soliden Dach. Sie schützt nicht vor den Herausforderungen, die ein Unternehmen stemmen muss, aber sie bietet Schutz vor der einfallenden Nässe.
Lernen aus Fehlern
Haben Mitarbeiter:innen Vertrauen in ihr Unternehmen und müssen keine negativen Konsequenzen fürchten, dann werden Fehler frühzeitig aufgedeckt, die Ursachen erforscht und Veränderungen angestoßen. (11) Doch eine konstruktive Fehlerkultur bedeutet nicht nur, dass Fehler gemacht werden dürfen, ohne Angst zu haben. Sie zeigt sich vor allem darin, wie mit gemachten Fehlern umgegangen und was daraus gelernt wird. Nicht nur potenzielle Krisen lassen sich vermeiden, sondern auch das Wachstumspotenzial des Unternehmens steigt. Mitarbeiter:innen handeln nicht leichtfertig und unbedacht, sondern sie sind offener für neue Ideen und treiben Veränderungen aktiv voran. Es ist die bewusste Bereitschaft, Risiken einzugehen und Fehler in Kauf zu nehmen, die ein Unternehmen wirklich weiterbringt. Denn auf diese Weise werden neue Wege eingeschlagen, alte Strukturen hinterfragt und Wachstum gefördert. (12)
Resilienz als Schlüssel einer positiven Fehlerkultur
Als resiliente:r Mitarbeiter:in bleibt man handlungsfähig, tritt der Zukunft optimistisch entgegen und gestaltet sie aktiv mit. „Resilienz ist eine wichtige Ressource, die es Menschen und Organisationen ermöglicht, den derzeitigen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Paradigmenwechsel erfolgreich zu bewältigen.“ (13) Deshalb ist es gerade für Unternehmen wichtig, eine positive Fehlerkultur aufzubauen und resiliente Bedingungen zu schaffen. Erfolg entsteht nicht durch Fehlervermeidung, sondern durch den konstruktiven Umgang mit ihnen.
Fazit
Eine gesunde Fehlerkultur heißt, konstruktiv mit Problemen und Herausforderungen umzugehen und daraus Verbesserungen und Veränderungen abzuleiten, die ein Unternehmen voranbringen. Auch wenn Fehler akzeptiert und offen mit ihnen umgangen wird, heißt eine konstruktive Fehlerkultur nicht, dass nachlässig gearbeitet wird. Vielmehr besteht ihr Vorteil darin, dass Mitarbeiter:innen verantwortungsvoll mit Problemen und Schwierigkeiten umgehen, neue kreative Lösungen und Wege finden sowie den Erfolg des Unternehmens entscheidend beeinflussen. Denn bei auftretenden Problemen ist es besonders wichtig, die Ursache herauszufinden, auch dann, wenn es sich um kleine harmlose Fehler handelt. So können sie Störprozesse im Arbeitsprozess aufzeigen, die unverändert zu folgenreichen Konsequenzen führen könnten.
In einer positiven Fehlerkultur werden Fehler nicht verschwiegen, sondern aufgezeigt und tragen damit zum Erfolg des Unternehmens bei. Hilfreich für eine gesunde Fehlerkultur ist die Fähigkeit der eigenen Resilienz. Sie hilft nicht nur dabei, Fehler anzunehmen und offen zu kommunizieren, sondern mit einem hohen Maß an Resilienz können wir auch Veränderungen besser annehmen. Resiliente Menschen sorgen dafür, dass Strukturen aktiv hinterfragt und verbessert werden. Fehler, die sich innerhalb eines Unternehmens einschleichen könnten, werden so präventiv verhindert. Für eine konstruktive Fehlerkultur ist es deshalb entscheidend, die eigene Resilienz oder auch die Resilienz des Teams zu stärken.
6 Tipps im Umgang mit Fehlern und für eine positive Fehlerkultur
Hier findest du nochmal sechs Tipps für den Umgang mit Fehlern. Noch mehr Anregungen für den Umgang mit Fehlern findest du in Elke Schüttelkopfs Buch Lernen aus Fehlern. Wie man aus Schaden klug wird. (14)
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1. Fehler entdramatisieren
Fehler sind menschlich. Statt sie zu tabuisieren oder mit Scham zu belegen, sollten wir lernen, nüchtern und sachlich mit ihnen umzugehen.
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2. Nicht in Schuld, sondern in Ursachen denken
„Wer war schuld?“ ist die falsche Frage. Besser ist: „Wie kam es dazu?“ Das öffnet den Blick für eine strukturelle Ursachenforschung und verhindert Schuldzuweisungen.
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3. Fehler schnell benennen
Offenes und frühzeitiges Ansprechen von Fehlern verhindert größere Schäden. Je länger man wartet, desto schwieriger wird die Aufarbeitung.
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4. Aus Fehlern lernen
Ein Fehler, aus dem nichts gelernt wird, war umsonst. Nimm dir Zeit für Reflexionen.
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5. Emotionen regulieren, statt in Selbstvorwürfen verlieren
Ärger, Schuldgefühle oder Scham blockieren Lernprozesse. Besser: Sich selbst freundlich und konstruktiv begegnen.
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6. Fehlerkultur aktiv gestalten (z. B. im Team)
Sprecht offen über Fehler. Führt regelmäßig „Fehlergespräche“ oder Retrospektiven durch. Wer seine Fehler teilt, hilft anderen beim Lernen und entlastet sich selbst.
Weitere Beiträge zum Thema Fehlerkultur und dem Umgang im Team:
Change Management – Veränderungsprozesse begleiten!
Feedback geben: Die Kraft konstruktiver Rückmeldungen
Teamwork: Tipps für eine erfolgreiche Zusammenarbeit
Nähe trotz Distanz – Zusammenhalt von dezentralen Teams stärken
Distance Leadership - Die wichtigsten Tipps für eine erfolgreiche Führung auf Distanz
Teambuilding: Gemeinsam stark – auch remote!
Quellen
- (1) Zitat von Thomas Edison auf zitate-fibel.de
- (2) Hans-Jürgen Kratz: Aus Fehlern wird man gut. Warum Irren menschlich ist und was Führungskräfte daraus lernen können. Regensburg 2021, S. 13 f.
- (3) Hans-Jürgen Kratz: Aus Fehlern wird man gut. Warum Irren menschlich ist und was Führungskräfte daraus lernen können. Regensburg 2021, S. 17.
- (4) Sabine Horn / Martina Seth: Resilienz im Job. Was wir brauchen, was uns guttut. Freiburg im Breisgau 2015, S. 45.
- (5) Sabine Horn / Martina Seth: Resilienz im Job. Was wir brauchen, was uns guttut. Freiburg im Breisgau 2015, S. 47.
- (6) Sabine Horn / Martina Seth: Resilienz im Job. Was wir brauchen, was uns guttut. Freiburg im Breisgau 2015, S. 19.
- (7) Hans-Jürgen Kratz: Aus Fehlern wird man gut. Warum Irren menschlich ist und was Führungskräfte daraus lernen können. Regensburg 2021, S. 18.
- (8) Hans-Jürgen Kratz: Aus Fehlern wird man gut. Warum Irren menschlich ist und was Führungskräfte daraus lernen können. Regensburg 2021, S. 19 ff.
- (9) Claudia Brückner: Qualitätsmanagement und Fehlerkultur. Mit Fehlern gewinnbringend umgehen. München 2021, S. 36.
- (10) Hans-Jürgen Kratz: Aus Fehlern wird man gut. Warum Irren menschlich ist und was Führungskräfte daraus lernen können. Regensburg 2021, S. 28.
- (11) Elke M. Schüttelkopf: Lernen aus Fehlern. Wie man aus Schaden klug wird. 2. Auflage, Freiburg 2015.
- (12) Hans-Jürgen Kratz: Aus Fehlern wird man gut. Warum Irren menschlich ist und was Führungskräfte daraus lernen können. Regensburg 2021, S. 77 f.
- (13) Sabine Horn / Martina Seth: Resilienz im Job. Was wir brauchen, was uns guttut. Freiburg im Breisgau 2015, S. 50.
- (14) Elke M. Schüttelkopf: Lernen aus Fehlern. Wie man aus Schaden klug wird. 2. Auflage, Freiburg 2015.